Thursday, 1 September 2016

Report in Deutsch: Germany Seminar 2016

Below is a report in Deutsch by Andrea Haeusler Sensei: detailing my seminar in Ahrenburg, Deutschland, in July of this year. Before that, here is a video from the seminar and, at the bottom of the page, an interview conducted by seminar host Oliver Schomburg Sensei.


REPORT: BY ANDREA HAEUSLER

Budo Karate - Quality Prooved! - Seminar mit André Bertel Sensei in Ahrensburg
Am 23. und 24.7. richtete das Dojo ASG Yawara e. V. in Ahrensburg einen Lehrgang mit dem aus Neuseeland stammenden und in Japan lebenden Weltklassekarateka André Bertel Sensei (6. Dan) aus. Nachdem mein Trainingspartner Torsten und ich bereits im vergangenen Jahr vom Training bei André Sensei in Krefeld total begeistert waren, stand für uns unweigerlich fest, dass wir auch an dem einzigen Deutschland-Lehrgang in 2016 in Ahrensburg teilnehmen würden. Begleitet wurden wir von unserem Karateschüler Alex Schmidt, der in diesem Jahr erstmals mit uns Lehrgänge außerhalb Münsters besucht.

André Senseis Karate mit wenigen Worten zu beschreiben, fällt schwer. Er trainierte lange Zeit und bis zu dessen Tod als enger Schüler unter Asai Tetsuhiku Shihan (10. Dan) und profitierte daher neben umfassenden Einflüssen der JKA noch von Asai Shihans ganz persönlichem Karate-Weg. Ein ganz entscheidendes Merkmal der beiden Lehrgänge, an denen ich teilnehmen durfte, war allerdings die extreme Anwendungsfähigkeit jeder Technik und jeden Bewegungsmusters. Desweiteren ist André Sans Karate alles andere als Sportkarate - was vielleicht vor allem für die Karate-Freunde aus anderen Verbänden, die eher sportlich ausgerichtet sein mögen, ungewohnt war. Es ist vielmehr Budo-Karate auf höchstem Niveau, bei dem jede Technik unmittelbar auf Effektivität geprüft wird - mit Körperkontakt und Schmerz als Indikator.

Training auf dem beschriebenen Niveau und mit den erwähnten Schwerpunkten lässt sich nicht ohne Blessuren ausüben und vor allem alle Karateka, die sich freiwillig zu Demonstrationszwecken anboten, mussten ordentlich einstecken können. Daher hatte Ausrichter Oliver Schömburg zu Beginn des Lehrgangs ausdrücklich auf die große Körperintensität des Trainings hingewiesen und darum gebeten, nur freiwillig vorzutreten, wenn man sich einen harten Impact zutraute.

Auf diesem Lehrgang trainierten - wie auch im vergangenen Jahr in Krefeld - Karateka zahlreicher Nationen und aller Graduierungen in einer Gruppe gemeinsam so dass die Halle mit rund 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gut gefüllt war! Wir starteten am Samstagmorgen mit Basics und erhielten einige Erinnerungen an die Trainingsinhalte des letzten Jahres: - den kleinen Finger der Hikite-Faust eng und "nach oben" drehen - beim Tsuki in der letzten Phase der Technik nicht die Faust drehen, sondern den Unterarm - beim Gyaku-Tsuki die Ohren nicht bewegen :-)

Es wurde hinsichtlich des Abdrucks der Körpermasse zwischen drei Arten des Gyaku-Tsuki unterschieden: - im Sportkarate bleibt die Ferse des hinteren Beins meist oben und es kann schnell aber mit weniger Kraft von hinten abgedrückt warden - im klassischen Budo-Karate erfolgt der Druck von der Ferse über das Knie, die Hüfte, Rücken und Schulter in den Arm
- André schlug uns vor, die Kraft aus der Mitte des Körpers zu generieren und die Technik sowohl nach hinten in die Ferse, als auch nach vorne in den Arm explodieren zu lassen.

Zum Gyaku-Tsuki gab es dann auch unzählige Partnerübungen, zum Teil mit umfassenderen Technik- und Schrittkombinationen, als Deai-Konter oder auch mal in Verbindung mit einem eher karate-unspezifischen Schubsen, um den Druck nach vorne aufrecht zu erhalten. Das erforderte zuweilen ein hohes Maß an Konzentration und Zanshin!

Zanshin war auch generell ein großes Thema für André Sensei: Wir sollten darauf achten, dass wir nach Abschluss einer Technik oder Kombination nicht mehr herumwackeln, am Gi zupfen, den Schweiß abwischen oder sonstige Bewegungen ausführen, sondern einfach verharren und auf das nächste Kommando warten. Das scheint selbstverständlich zu sein - aber auch mir war in den vergangenen Monaten mehrfach in Trainings aufgefallen, dass etwa nach Ende einer Kihon-Bahn einige Karateka z. B. aus dem Zenkutsu-Dachi hochkommen, die Beine strecken, die Arme ausruhen - obgleich noch gar kein Yame ausgesprochen war! Also, das habe ich definitiv noch anders gelernt - tief stehen bleiben, den Schmerz in den Muskeln ertragen und abwarten, was als nächstes verlangt wird!

Beim Gyaku-Tsuki wies uns André an, möglichst an der "blinden Seite" zu kontern, also beim Angriff Gyaku-Tsuki mit rechts, dem anderen als Konter von außen auf die kurze Rippe einen Gyaku-Tsuki zu platzieren. Hier musste man beim forschen Partnertraining schon ordentlich aufpassen, dass das Rippchen heile blieb!

Auch die zweite Einheit starteten wir mit Kihon-Basics. Im Fokus standen hier die Blocktechniken Age Uke, Soto Uke, Gedan Barei und Nagashi Uke. Wir sollten versuchen, die ankommenden Schläge und Tritte möglichst mit der "breiten Seite" des Arms zu blocken, also mit der Außen- bzw. Innenseite. Erst unmittelbar beim Kontakt mit dem Partner sollten wir das letzte Endchen der Drehung ausführen. Das war dann mal recht wohltuend, da man nicht ständig Knochen auf Knochen schlug.

Selbstverständlich blieb es hier nicht bei "Trockenübungen" - wir übten anschließend die Blocks mit passenden Kontern am Partner: - Tsuki Chudan wichen wir - im Heiko Dachi stehend - durch seitliches Abdrehen des Oberkörpers, begleitet von einem Block mit dem beinahe gestreckten Arm (Nagashi Uke) aus. Als Konter folgte mit dem anderen Arm ein Gyaku Haito Uchi Jodan (statt Halsschlagader lieber die Schulter nehmen - aber auch die wird herrlich blau dadurch ;-) ). Durch den Block mit Körperdrehung hat man den Angreifer schon ein bisschen seitlich gedreht, so dass der Gyaku Haito schön auf den Brustkorb / die Schulter treffen kann. Möglich ist, hierbei den linken Fuß noch ein bisschen vor zu setzen, so dass noch mehr Körperkraft einwirken kann. - Alternativ drehten wir uns nach links raus und platzierten Deai einen Tsuki Jodan. Auch das war ziemlich "kontaktfreudig". - Einen Oi-Tsuki mit Mae Geri (hinteres Bein) abzukontern verlangte von mir schon einiges an Willen und Konsequenz, klappte letztlich dann aber ganz gut.  Etwas übungsintensiver war dann schon die Idee, den Tsuki mit Mawashi Geri Chudan abzukontern, indem wir links am Partner vorbei liefen und mit dem hinteren (rechten) Bein - quasi im Vorbeigehen - kicken sollten. - Dann wurde es richtig spaßig, als wir nämlich beim Angriff um den Partner herumspringen, diesen am Gi-Kragen packen und rücklings zu Boden werfen sollten! - Auch möglich: den Tsuki mit geöffneten Händen und leichter Rückwärtsbewegung "auffangen" und runterblocken, danach Haito Uchi links, rechts und ggf. noch Hasami Tsuki. Bei dieser Übung wies uns André Sensei schon deutlich an, flexibler in den Block-Abwehr-Kombinationen zu agieren. Es kam also nicht so drauf an, welcher Arm zuerst den Haito ausführte oder, ob es ggf. bei einem Haito blieb und dann der Hasami Tsuki folgte.

Tag zwei startete mit einem Kihon Warmup. Ich fand es übrigens sehr angenehm, dass vor die eigentlichen Karate-Übungen kein reguläres Warmup mit Hampelmann und co. gesetzt wurde! André setzte wohl voraus, dass wir uns selber vorbereitet hatten, denn vor den Einheiten bestand ja reichlich Zeit und Gelgegenheit dazu, zumal vor uns ja keine andere Trainingsgruppe die Halle blockierte. Wir starteten dann direkt mit Karate! Und ehrlich gesagt finde ich, dass - nach einem individuellen und ganz persönlichen Warmup - nichts besser aufwärmt, als ein paar Bahnen Kihon!

Ein ganz spezielles und etwas raues Warm-Up folgte: zu zweit zusammen und gemeinsam an einen Hallenrand. Der mit dem Rücken in die Halle greift an mit Gyaku-Tsuki Chudan, der andere blockt und kontert gleichzeitig (Deai) Gyaku-Tsuki Jodan. Hier bei wird man ziemlich wild, wenn man nicht aufpasst und mit der Kontrolle ist es nicht so weit her! Es kam, wie es kommen musste - ich traf Torsten am Hals unweit des Kehlkopfes und er bretterte dann auf dem Rückweg sicherheitshalber (um mich nicht ebenfalls am Hals zu treffen) auf mein Schlüsselbein, welches sich anschließend ziemlich gebrochen anfühlte (war es aber nicht).

Einen speziellen Fokus legte André Sensei auf den Shuto Uke. Wir übten zunächst im Renoji Dachi und zwar je nur einarmig, erst den Shuto-Arm, dann den Hikite-Arm. Beim Shuto-Arm war darauf zu achten, dass der Ellenbogen leicht nach innen gezogen wird, so dass der Arm die erforderliche Spannung erhält. Der Hikite-Arm darf beim zurückziehen nicht "knallen", sondern muss "wischen". Hier sollte, ähnlich wie bei der Hikite Faust beim Tsuki, der kleine Finger auch leicht nach oben gedreht werden.

Anschließend gab es Kihon-Kumite auf engem Raum: Wie auch im vergangenen Jahr in Krefeld stellte André Sensei uns so eng nebeneinander auf, dass wir gnadenlos nur vor und zurücklaufen konnten - jede Seitwärtsaktion würde zwangsläufig mit dem Nachbar-Paar kollidieren!
- Angriff Tsuki Jodan, Block mit einem Schritt zurück und Age Uke, Konter Gyaku Tsuki, Arm zurückziehen (dabei den Age-Uke-Arm wieder hoch) und noch mal Gyaku-Tsuki mit demselben Arm, Kiri Kaeshi und vor mit Oi-Tsuki Jodan.

André Sensei unterschied bei diesem Seminar zwischen zwei Arten von Uraken: Bei der einen wird die Hüfte gegengedreht, bei der anderen erfolgt eine Schlag-Verstärkung dadurch, dass man die Hüfte in Schlagrichtung mitdreht. Das geschieht zwangsläufig, wenn man sich auf der Stelle einmal um die eigene Achse dreht, so dass man quasi "hintenrum" den Uraken durchführt. Durch die Drehung zurück und Ausnutzen des dadurch entstandenen Schwungs kann man dann auch noch in die entgegengesetzte Richtung einen weiteren Uraken mit dem anderen Arm "powern".
Auch dies wurde selbstredend mit Partner geübt: Angriff Tsuki Chudan, Block rausgedreht mit Soto Uke, dann direkt auf der Stelle weiter drehen mit "Compression" und Uraken "hintenrum". und wieder zurück mit weiterem Uraken.

Auch die Tritttechniken kamen nicht zu kurz und so übten wir zunächst Ushiro Geri am Partner mit Trefferfläche Chudan.

Zu Beginn der letzten Einheit freuten wir uns wohl alle auf eine Einheit ohne weitere Blessuren und mit viel Input zur Asai Kata Seiryo. Aber zuvor gab es eine interessante Warm-Up-Übung:
- Jeder für sich aus dem Heiko Dachi zunächst mit dem linken Fuß 45 Grad vor, den anderen Fuß zusammen mit einer Körperdrehung um 90 Grad nachsetzen, dann weiter drehen und weiter gehen, so dass man nach vier Schritten zwei Meter weiter vorne stand, um 180 Grad gedreht. Das übten wir so einige Male, bis es sicher saß. - Anschließend: li Gedan Barei vor, Oi Tsuki, hinteren Fuß nach vorne setzen, dabei um 180 Grad wenden (große Wendnung). Auch ein paarmal geübt, bis alle die Bewegung drauf hatten. - Dann zu zweit, der eine greift an, der andere dreht sich dem Angriff entgegen und am gestreckten Arm am Angreifer vorbei, bis er fast exakt hinter ihm steht.
- Zunehmende Geschwindigkeit und Intensität und später war es auch nicht mehr so wichtig (und nicht mehr möglich), dass der Abwehrende nach dem Vorbeigehen direkt hinter dem Angreifer steht - meist stand man etwas seitlich dahinter, das musste der Angreifer beim nächsten Angriff dann entsprechend berücksichtigen.

Anschließend wiederholte André Sensei mit uns Asais "Spezialtechnik":  Tori greift an mit Mae Geri Jodan, Uke taucht drunter weg und attakiert dann von hinten. Diesmal (ich glaube, in Krefeld hatten wir den Tipp nicht erhalten) wies uns André Sensei an, beim Drunterhertauchen ggf. einen Arm schützend vor den Kopf zu halten. Toll war das nicht, was wir draus gemacht haben - aber wenigstens gabs diesmal keinen Tritt vor den Schädel ;-) Etwas einfacher war es dann, unter einen Jodan Tsuki her zu tauchen.

Weiter ging es mit recht schmerzhaften Fußfegern, durch die uns André San für das richtige Timing sensibilisieren wollte: Tori greift an mit Mae Geri und Uke fegt das tretende Bein kurz vor dem bzw. direkt beim Absetzen. Gleiches dann mit Oi Tsuki.

Schließlich folgten dann endlich doch die Vorbereitungen auf die Kata Seiryu aus der Asai Schule: Die Kata beinhaltet ungewöhnlich viele Haito- und Shuto-Kombinationen, mit denen man in großen Bewegungen Windmühlen-artig durch die Kata wirbelt - oder vielleicht auch wie die Zweige einer Weide durch die Kata peitscht, denn der Name Seiryu bedeutet "grüne Weide".

Mit dem Bild der grünen Weide schloss der Lehrgang dann ab. Fazit: ein fantastischer und inspirierender Lehrgang, der die Besinnung auf bereits bekannte Inhalte schärfte und neue Ideen und Ansätze bot, konditionell vielleicht weniger herausfordernd, dafür sehr körper- und schmerzintensiv und dadurch mit einem deutlichen Fokus auf äußerst effektives Budo-Karate!

Tausend Dank an dieser Stelle an André San für dieses äußerst beeindruckende Karate-Erlebnis, an meinen zum Glück nicht empfindlichen Trainingspartner Torsten und last but not least an Ausrichter Oliver Schömburg und sein Team für die Organisation der Veranstaltung. Im nächsten Jahr sind wir auf jeden Fall wieder dabei! Oss!
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All in all, I'd again like to thank Andrea Sensei very much for this. I highly recommend her excellent blog, which you can check out by clicking here: http://andreahaeusler.blogspot.jp/


Also here is a link to the Krefeld Seminar last year, which Andrea Sensei also kindly
documented in Deutsch: http://andrebertel.blogspot.jp/2015/08/2015-seminar-in-germany-part-3-notes.html

Domo arigatou gozaimashita Andrea Sensei.
Osu, André

André Bertel. Oita City, Japan (2016).

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